Gonzague de Reynold (* 15. Juli 1880 auf Schloss Cressier in Cressier FR; † 9. April 1970 in Freiburg im Üechtland) war ein Schweizer Schriftsteller, Historiker und Literaturwissenschaftler.

Der Freiburger Patrizier und rechtskonservative Intellektuelle war als Apologet der aristokratischen Vergangenheit der Schweiz und leidenschaftlicher Gegner des Liberalismus sein Leben lang streitbar und umstritten.

Leben

Reynold wuchs in einem adligen Elternhaus auf, das über grossen Grundbesitz verfügte und auf keine bürgerliche Erwerbstätigkeit angewiesen war. Nach der Matura am Kollegium St. Michael in Freiburg studierte er an der Sorbonne und am Institut catholique de Paris und beendete seine Studien in Freiburg im Breisgau. 1910 wurde er als Privatdozent an die Universität Genf berufen, 1915 bis 1931 lehrte er als ordentlicher Professor an der Universität Bern französische Literatur und ab 1932 an der Universität Freiburg Geschichte der Zivilisation.

1904 gründete er in Genf zusammen mit Charles Ferdinand Ramuz und den Brüdern Charles-Albert Cingria und Alexandre Cingria die Zeitschrift La Voile latine, die zum Sprachrohr einer gleichnamigen politisch-kulturellen Bewegung wurde.

1914 war er Mitbegründer der Neuen Helvetischen Gesellschaft, 1919 des Schweizerischen Initiativkomitees Pro Vorarlberg, und 1932 wurde er Vizepräsident der Kommission für geistige Zusammenarbeit des Völkerbundes. Albert Einstein, ebenfalls Mitglied der Kommission, bezeichnete ihn als „Esel in Bern“.

Mit Léon Savary und René de Weck bildete er die Troika der Freiburger Schriftsteller des frühen zwanzigsten Jahrhunderts.

Während des Zweiten Weltkrieges plädierte er für die Umwandlung der Schweiz in eine autoritäre Republik.

1955 gründete er mit Jean-René Bory die Société suisse des Amis de Versailles zur Schaffung eines Museums für die Auslandschweizer im Schloss Penthes in Pregny-Chambésy. Im gleichen Jahr erhielt er den Grossen Schillerpreis der Schweizerischen Schillerstiftung. Die Laudatio bei der Verleihung im Rathaus Zürich hielt sein alter Freund, der Genfer Romancier und IKRK-Spitzenfunktionär Jacques Chenevière.

Sein Hass gegen den Kommunismus und sein Kampf gegen die Demokratie machten Gonzague de Reynold zu einem Bewunderer der autoritären Regimes von António de Oliveira Salazar und Benito Mussolini und liessen ihn sogar Verständnis für Adolf Hitler aufbringen. Er hielt den Faschismus für die einzige Gesellschaftsordnung, die sich für die Würde der Arbeiter einsetzte (siehe: Klerikalfaschismus), und wollte die Schweiz zu einem autoritären Ständestaat machen. Er selbst sollte darin die Führungsrolle übernehmen. Analog zu den Titeln Duce oder Führer wäre der höchste Schweizer Landammann genannt worden. Reynolds Wirken blieb aber letztlich doch auf katholische Kreise und auf die Westschweiz beschränkt. Dennoch darf sein Einfluss nicht unterschätzt werden. So war etwa Bundesrat Philipp Etter gleichsam sein Schüler, der ganz im Sinne Reynolds die Staatsgeschäfte betrieb.

Die Académie royale des Sciences, des Lettres et des Beaux-Arts de Belgique nahm ihn 1954 als assoziiertes Mitglied (Élu associé) auf.

Gonzague de Reynolds Nachlass befindet sich im Schweizerischen Literaturarchiv in Bern.

Werke

Im französischen Original

Auf Deutsch und Italienisch

  • Werdegang der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Eine Übersichts-Tafel von Gonzague de Reynold. Deutsche Übertragung von Hans Fischer, Art et Science, Bile 1916.
  • Wie sie denken: Der Standpunkt der welschen Schweiz und das Interesse der Gesamtschweiz. Ein Vortrag. Aus dem Französischen übersetzt. Fehr’sche Buchh., 1917.
  • Freiburg, 24 Photographien von Fred. Boissonnas und 1 Stadtplan. Éditions d’Art Boissonnas, 1922.
  • Die Rolle Zürichs. Aus dem Französischen übersetzt. Benziger, 1928.
  • Die Rückkehr zum Thomismus in den Ländern französischer Sprache. Kösel’sche Buchh, 1928–1929.
  • Vom Geist und Wesen Berns. A. Francke A.-G., 1931.
  • Schweizer Städte und Landschaften. Ausgewählt und übertragen von Eduard Fritz Knuchel, Rascher & Cie. A.-G., 1932.
  • Die Schweiz im Kampf um ihre Existenz. Deutsch von Eduard Horst von Tscharner, Vita Nova Verlag, 1934.
  • Die Tragik Europas. Deutsch von Walter Grossenbacher. Einzig berechtigte, etwas gekürzte Übersetzung aus dem Französischen. Vita Nova Verlag, 1935.
  • Portugal. Éditions Spes, 1936.
  • Portugal, gestern – heute. Übersetzung von Rudolf Timmermans, O. Müller, 1938.
  • Sagen und Erzählungen aus der alten Schweiz. Übersetzung von Elisabeth de Boer; Textzeichnungen von Edmond Bille, Benziger & Co. AG, 1939.
  • Selbstbesinnung der Schweiz. Deutsch von Eduard Horst von Tscharner. Mit einem Vorwort von Max Huber, Rascher Verlag, 1939.
  • Die Lebensfrage der Eidgenossenschaft: Einst: Sein oder Nicht-Sein. Heute: Sein oder nicht mehr sein. O. Walter AG, 1942.
  • Epochen der europäischen Geschichte. Walter, 1958.
  • Europas Einheit: Jerusalem, Griechenland, Rom. Deutsche Übersetzung von Erich Lampey. Pustet, 1961.
  • Freiburger Bilder, eine Auswahl aus seinen Werken. Übersetzung von Anton Bertschy, Peter Boschung, Ernst Flückiger und E. F. Knuchel; 3 Holzschnitte von Marie-Louise de Reynold-von Reding, Deutschfreiburgische Arbeitsgemeinschaft, 1966.
  • Città e paesi svizzeri. Pref. di Jean-François Bergier, trad. di Ugo Gherner, A. Dadò, 2003.

Literatur

  • Aram Mattioli: Zwischen Demokratie und totalitärer Diktatur. Gonzague de Reynold und die Tradition der autoritären Rechten in der Schweiz. Zürich 1994, ISBN 3-280-02193-6.
  • Urs Altermatt: Reynold, Gonzague de. In: Handbuch des Antisemitismus, Band 2/2, 2009, S. 685 ff.
  • Augustin Matter: «Dire la Suisse.» Quête d’identité et vocation littéraire dans «Cités et pays suisses» de Gonzague de Reynold (= Littératures de langue française. 25). Peter Lang, Bern 2017, doi:10.3726/b10695.

Weblinks

  • Gonzague de Reynold in der Archivdatenbank HelveticArchives der Schweizerischen Nationalbibliothek
  • Publikationen von und über Gonzague de Reynold im Katalog Helveticat der Schweizerischen Nationalbibliothek
  • Literatur von und über Gonzague de Reynold im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
  • Marius Michaud: Gonzague de Reynold. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
  • Gonzague de Reynold in der Archivdatenbank des Schweizerischen Bundesarchivs
  • Eintrag über Gonzague de Reynold im Lexikon des Vereins Autorinnen und Autoren der Schweiz
  • Gonzague de Reynold im O-Ton im Online-Archiv «Österreich am Wort» der Österreichischen Mediathek (Salzburger Nachtstudio)
  • Gonzague de Reynold, Biografie und Bibliografie auf Viceversa Literatur (französisch)

Einzelnachweise


Image de la Suisse. by REYNOLD, Gonzague de. (1953) Bouquinerie du Varis

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