Das Nesselblatt ist in der Heraldik eine Darstellung mit nicht eindeutig geklärter Bedeutung.
Es war – in Silber und Rot – ursprünglich das Wappen der Schauenburger und der Grafschaft Holstein, mit der sie im Jahre 1110 belehnt wurden. Dadurch kam es insbesondere in das Landeswappen von Schleswig-Holstein und des Landkreises Schaumburg und ist dort jeweils lokal verbreitet.
Darstellung und Bedeutung
Charakter und Herkunft des Zeichens sind ungeklärt. Es gibt alte, bordürenartige Formen und dreizählig-lappige, sodass nicht klar ist, ob es sich um einen ursprünglich silbernen Schild mit rotem Rand oder einen roten Schild mit silbernem Zierrat handelt. Zudem war Ernst ab 1601 regierender Graf von Schaumburg und von Holstein-Pinneberg.
Die Theorien zur Herkunft sind:
- Es handelt sich um ein Heroldsbild, also eine abstrakte Farbteilung des Schildfeldes. Es sei als umlaufende Reihe von Spitzen, die vom Rand als eine Art gezackter Bordüre in das Feld hineinragen, zu deuten. Es ist danach eine besondere Form der Borde, also ursprünglich eine umlaufende Schildverstärkung.
- Es handelt sich um eine gemeine Figur, nämlich die stilisierte Darstellung des Blattes eines Brennnesselgewächses in der Feldmitte. Insbesondere die Brennnessel gilt als Symbol für Wehrhaftigkeit.
Die Grafen von Schauenburg hatten ihren Stammsitz im Wesertal bei Rinteln im heutigen Landkreis Schaumburg. Dort befand sich der Stammsitz Schaumburg auf dem Nesselberg (Netelenberge), 1130 von Adolf von Salingleuen (richtiger: von Santersleben) errichtet. Berg, Burg und Geschlecht sollen den Namen davon haben, dass dort reichlich Nesseln gewachsen seien. Im mutmaßlich ältesten schriftlichen Bericht über das Schaumburger Wappen, in der Chronik des Cyriacus Spangenberg von 1617, heißt es: „In etzlichen alten verzeichnissen wird funden/es sollte dieser Adolf von Salingleuen in seinem Erbwappen einen blauen Löwen/in weißen Felde geführet haben/Aber nachdem er auf Schawenburgk gebawet/habe der Keyser ihm an des Löwen statt ein Nesselblatt von dem Nettelberge in sein Wapen gegeben.“ - Eine dritte Interpretation bezieht sich auf die explizite Dreizähligkeit, oft noch betont durch drei Nägel, und sieht darin eine Applikation, die auf den Schild aufgebracht wurde. Dabei wird ein ausdrücklicher Bezug auf die Kreuz-Nägel Christi als christliches Symbol gesehen.
Die frühe historische Entwicklung stellt Friedrich Bartels so dar: „Das […] Schaumburger Nesselblatt führten die Landesherren erstmals 1229 unter Graf Adolf IV. in seiner ältesten Form als einen silbernen Schild mit erhöhtem rotgezackten Rand. Im Jahre 1257 taucht auf einem Wappensiegel des Grafen Gerhard I. eine neue Form auf: ein erhöhtes gezacktes Blatt und ein vertiefter Zahnrand. Der Rand des Schildes war im Mittelalter von so großer Bedeutung für den ganzen Schild, daß das Wort ‚rand‘ in der Bedeutung Schild allgemein gebräuchlich war. Der Schwerpunkt war damit auf das Schildbild übergegangen. Das gezackte Blatt wird allerdings erstmals um 1420 von König Erich von Dänemark als Nesselblatt bezeichnet.“
Die drei Erklärungsansätze diskutiert schon eine Beschreibung des 1749 verstorbenen Kanonikus zu Waldeck, C. F. Dingelstedt, er schreibt „daß das eigentliche Wappen der Schaumburger Grafen der silber=rot geteilte Schild, das sog. Nesselblatt aber nur eine Umrahmung dieses Schildes war, der ursprünglich nur Schutzwaffe, dann Hoheitszeichen war. Mag es nun eine metallene Umrahmung oder mögen es Stofflappen gewesen sein, die als Randverzierung mit Nägeln an den drei Spitzen des Wappenschildes angeheftet waren, das auffallende Zackengebilde, das ja mit einem wirklichen Nesselblatt herzlich wenig Ähnlichkeit hat, hat die schlichte und auch wohl nicht einzig dastehende Gestaltung des silber=roten Schildes in den Hintergrund gedrängt und ist das Hauptmerkmal des Schaumburger Wappens geworden, das sich dann in der Form darstellt, daß ein silber=rotes Schild am Rande oben drei, an den Seiten je vier Zacken trägt, an den drei Schildecken ragen drei Nägel hervor, die zu verschiedenen Zeiten verschiedene Länge und Nagelköpfe aufweisen.“
Die Blasonierung des Schleswig-Holsteinischen Landeswappens beispielsweise gibt heute ausdrücklich „ein silbernes Nesselblatt auf rotem Grund“, betont also den Charakter der gemeinen Figur.
Die Dominanz und die genaue Form – etwa die Zahl der Zacken – variiert.
- Historische und heutige Formen des Nesselblattes
Verwendung
Es findet sich beispielsweise im Wappen des Bundeslandes Schleswig-Holstein, des Landkreises Schaumburg und des Kreises Pinneberg sowie in den Wappen verschiedener Städte, so Bückeburg, Rinteln, Stadthagen, Kiel (Hauptartikel: Kieler Wappen), Barmstedt, Neustadt in Holstein, Plön, Preetz, Uetersen oder Wedel. Außerdem ist das Nesselblatt auf der Landesdienstflagge abgebildet.
In Kopřivnice (Nesselsdorf) ist ein Brennesselblatt blasoniert.
Liste der Wappen mit einem Nesselblatt
Aktuelle Wappen
Historische Wappen
Literatur
- Maximilian Gritzner: Landes- und Wappenkunde der brandenburgisch-preußischen Monarchie. Geschichte ihrer einzelnen Landestheile, deren Herrscher und Wappen. Heymann, Berlin 1894, S. 98 ff.
- Walther Stephan (Hrsg.): Die historischen Wappen Schleswig-Holsteins und seiner Landschaften. Wachholtz, Neumünster 1953.
- Walther Stephan: Das Holsteinische Nesselblatt, seine Herkunft und Bedeutung. In: Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte. Bd. 61, 1933, S. 1–15.
- Walther Stephan: Das Nesselblatt als Nebenwappen Graf Adolfs IV. von Holstein-Schauenburg. In: Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte. Bd. 63, 1935, S. 343–346.
Weblinks
Einzelnachweise
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